Was bringt das New Public Management den deutschen Verwaltungen?
- Matthias Michael
- 24. Apr. 2024
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 5. Mai 2024

Öffentliche Verwaltungen können und sollten sich beständig modernisieren - ebenso wie Unternehmen. Sie entwickeln sich weiter, wenn sie sich gegenüber Managementmethoden öffnen und manche hilfreiche Aktivitäten neugierig und kritisch ausprobieren.
Ämter und öffentliche Träger modernisieren sich, sie werden bürgerfreundlicher – und nebenbei macht so die Arbeit mehr Freude
Können öffentliche Verwaltungen handeln wie Unternehmen? Nein, jedenfalls nicht immer. Sollten Sie es stärker versuchen? Ja, unbedingt. Denn Gemeinde- und Stadtverwaltungen, Landratsämter, Landes- und Bundesbehörden, Forschungseinrichtungen, kommunale Krankenhäuser und Unikliniken sowie andere öffentlich-rechtliche Einrichtungen würden profitieren von manchen Methoden und Prinzipien, mit denen Firmen erfolgreich sind.
Eine Art der Modernisierung von Verwaltungen wird seit den 1980er Jahren unter dem Rubrum Öffentliche Reformverwaltung oder Neues Steuerungsmodell oder New Public Management (NPM) international diskutiert. Aber hierzulande mangelt es nach unseren Erfahrungen erheblich an der wirkungsstarken Umsetzung – und bisweilen auch an der entsprechenden Einsicht und Bereitschaft.
Nötig wäre vielerorts eine neue Definition erstens der Rolle der öffentlichen Verwaltung und zweitens ihres Umgangs mit den Menschen, für die sie zuständig ist: Sind das Administrationssuchende oder Kunden, Partner oder die Eigentümer der Verwaltung? Mit welchem Impetus sollten sie behandelt und bedient werden? Diskutiert wird allenthalben in den Verwaltungen, wie sie sich stärker an den Bedürfnissen der Bürgerschaft orientieren können. Das ist gut, denn Verwaltungen sollten beständig den Dialog mit den Menschen suchen, deren Wünsche und Ansprüche kennen und darauf eingehen.
Abläufe lassen sich mit Methoden aus der Wirtschaft verbessern, vereinfachen und beschleunigen
Für öffentliche Verwaltungen stellen sich viele Fragen, die gegenwärtig intern – aber noch längst nicht ausreichend in der Öffentlichkeit – diskutiert werden: Wie misst die Verwaltung ihre Leistungen? Welche Key Performance Indicators (KPI; übersetzt könnte man von Leistungsmessgrößen sprechen) nutzt sie? Welche Kriterien legt sie dafür zugrunde? Inwieweit können oder sollten das betriebswirtschaftliche Faktoren sein? Wie kann das Wirken von Verwaltungen besser nach Maßgaben von Effizienz und Effektivität gesteuert und bewertet werden?
Bei Michael & Stiegler helfen wir Verwaltungen, ihre Abläufe zu verbessern, zu vereinfachen, zu beschleunigen. Beispielsweise können sich Ämter von Krankenhäusern abschauen, wie Controllingkonzepte steuern helfen. Die Beschäftigten in öffentlichen Einrichtungen adaptieren wirtschaftspsychologische und Managementmethoden, um den Service für die Kunden bzw. die Bürgerschaft zu optimieren. Natürlich unterscheiden sich die Ansprüche an Behörden wesentlich. Beispielsweise stehen bei Ordnungsämtern eher hoheitliche Aufgaben im Vordergrund, dagegen geht es bei Bauämtern und städtischen Wirtschaftsförderungen eher um örtliche Gegebenheiten, die berücksichtigt werden und Verfahrensspielräume bieten, abhängig auch von der Finanzkraft der Kommune. Das Ziel für die nächsten Jahre ist fast überall eindeutig: eine effizientere Verwaltung unter Einsatz auch von betriebswirtschaftlichen Kriterien.
Beispiel: Wie Krankenhäuser für mehr Ertrag sorgen
Beispiel 1 unserer Arbeit: Ein Universitätsklinikum scheute sich viele Jahre lang, seine Zuweisenden, nämlich niedergelassene Haus- und Facharztpraxen, professionell zu managen. Darunter ist zu verstehen, dass das Klinikum offensiv und dialogisch mit den Haus- und Fachärzt(inn)en in der Umgebung sowie auch mit den grund- und regelversorgenden kleineren Krankenhäusern kommuniziert, Konflikte behandelt und Abläufe verbessert. Für viele private und kommunale Krankenhäuser ist das Zuweisermanagement eine Selbstverständlichkeit. Sie verstehen, wie abhängig sie von der Gruppe der niedergelassenen Hausärzte und Fachärztinnen sind. Denn wenn die selbstständigen Medizinerinnen und Mediziner kein Vertrauen mehr in ihr Klinikum haben und deshalb ihre Patienten in umliegende Krankenhäuser schicken, gehen bald die Lichter aus im örtlichen Hospital. Deshalb ist es allemal auch für Maximalversorger wie Universitätsklinika sinnvoll, die Medizinerschaft in der Umgebung detailreich zu informieren über die eigenen Stärken, Besonderheiten und Erfolge und sich ausführlich mit ihnen auszutauschen, sei es mittels Kooperationen, mittels Vortragsveranstaltungen, mittels wechselseitigen Hospitanzen und Führungen oder mittels wissenschaftlicher Projekte usw.
All das haben wir strukturiert angeschoben. Binnen weniger Monate hat sich vieles verändert: Die Ertragszahlen sind gestiegen, die Kommunikation mit dem niedergelassenen Bereich wurde verstetigt, persönliche und fachliche Missverständnisse und Konflikte sind aus der Welt geräumt worden. Man trifft sich regelmäßig, tauscht sich aus und kann Vieles so auf dem kleinen Dienstweg regeln. Insgesamt hat sich in der Folge auch die Atmosphäre im Klinikum verbessert, die Beschäftigten stehen stärker hinter ihrer Einrichtung und sind stolz, für dieses Haus zu arbeiten.
Die Beschäftigten dokumentieren glaubwürdig und vertrauensbildend, was sie für die Menschen leisten
Beispiel 2 aus diesem Bereich unseres Wirkens: Eine Bundesbehörde hat Schwierigkeiten, ihre Planstellen zu besetzen. Sie leidet unter dem Fachkräftemangel und findet nicht genügend qualifizierte Beschäftigte. Die Folge: Manche Aufgaben werden nicht oder nicht in der angemessenen Zeitspanne erfüllt, die Qualität der Leistungen leidet, ebenso die Stimmung unter den Beschäftigten. Also wäre eine einfallsreiche und mutige Personalabteilung gefragt, die mit einer wirkungsstarken Kampagne für ausreichend Bewerbungen von erstklassigen erfahrenen Kräften und von Berufseinsteigern sorgt. Aber weit gefehlt: Alles, was den Personalzuständigen einfiel, war eine dröge Plakatkampagne wie aus den 1960er Jahren und ein ebenso langweiliger Stand auf einer Abiturientenmesse. Das reichte nicht aus.
Also entwickelten wir eine Videokampagne, in der Beschäftigte die Heldinnen und Helden sind. Wir begleiteten sie bei ihrer sinnstiftenden und abwechslungsreichen Arbeit, die ihnen sichtlich Freude macht, weil sie eigenverantwortlich handeln und so selbstwirksam zum Besseren beitragen. Die kleinen Filme wirken dabei nicht wie Marketing- oder Image-Videos, sondern wie journalistische Magazinbeiträge: besonders wahrhaftig, glaubwürdig und deshalb vertrauensbildend.
Mittels Führungsklausuren wandeln sich Behörden und Verwaltungen zu vorbildlich modernen Organisationen
Beispiel 3: In einem Führungsseminar erhob ein Ordnungsamtsleiter einer Landkreisverwaltung Einspruch gegen Ideen und Anregungen, wonach die Administration dienstleistungsorientierter, freundlicher und nahbarer mit den anfragenden und im Amt erscheinenden Menschen umgehen könnte. Er sagte: „Wir erfüllen hoheitliche Aufgaben. Wir repräsentieren den Staat. Die Leute sollen Respekt haben vor uns und unserer Arbeit. Deshalb müssen wir Wert legen auf Distanz – und nicht auf Nähe.“
An diesem Statement entzündete sich eine interessante Diskussion. Letztlich war es wichtig, in der Klausur einmal ausführlich über die Themen Führung, Kommunikation, Arbeitsverständnis und Ansprüche der Bürgerschaft zu diskutieren. Das war so offen, so streitbar und so konstruktiv vorher noch nie geschehen. Wir listeten und clusterten die Inhalte, fassten zusammen und gaben Empfehlungen aus zwei Perspektiven: erstens aus der Sicht der Bürger, die bestimmte Ansprüche an ihre Verwaltung haben. Und zweitens aus unserer Wahrnehmung von außen und mit unserer Berater- und Management-Erfahrung. Letztlich haben wir in dieser Klausur etliche Ergebnisse entwickelt, die die Verwaltungsleitung sukzessive umsetzt und so die Abläufe und den Service verbessert.
Am Ende der Klausur konnten die anderen Führungskräfte selbst den Ordnungsamtsleiter überzeugen, anders mit seinen Beschäftigten umzugehen als zuvor und das Selbstverständnis von seinen Aufgaben und seiner Haltung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zu modernisieren.
Herzliche Grüße, Ihr
Prof. Dr. Matthias Michael, Geschäftsführer von Michael & Stiegler
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