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Die Bürgerschaft hilft der Verwaltung, den Service zu verbessern

Aktualisiert: 9. Mai 2024

Mit Design Thinking  gestalten Institutionen und Behörden ihre Abläufe und Prozesse gemeinsam, effektiv und mit Freude am Verändern


Öffentliche Einrichtungen können mit Design-Thinking-Methoden ihre Ergebnisse verbessern – und die gemeinsaem kreative Arbeit macht den Beteiligten in der Regel Spass, was wiederum der Atmosphäre und Kultur dient.



Stellen Sie sich vor, Sie erhalten von der Bürgermeisterin den Auftrag, den Bürgerservice  zu reorganisieren. Das Ziel lautet: eine bürgernahe Verwaltung zu etablieren, die erstklassig funktioniert und auch so wahrgenommen wird. Es wird Ihnen mitgegeben, mit frischen Ideen an Ihre Aufgabe zu gehen.


Für die Bürgermeisterin hat das Unterfangen eine hohe Priorität. Die Zufriedenheit der Bürger mit den Leistungen des Bürgerbüros sollen schon in kurzer Frist messbar besser sein, als es bisher der Fall ist. Die Ansprüche an das Projekt, das Sie verantworten, hängen hoch, die Erwartungen erscheinen ambitioniert.


Wie sollte der Service gestaltet sein? Welche Lösungen müssten implementiert werden? Wer profitiert davon? Wie können die Beschäftigten in Veränderungen eingebunden und dafür begeistert werden?


Ämter passen sich an die Wünsche der Menschen nach Transparenz, Digitalisierung und umfangreichen Diensten an


Die Antwort liegt in der Gestaltung von Prozessen aus der Perspektive der Kunden – also der Outside-in-Perspektive, hier der Bürger, und im Vorgehen in dem Projekt. Beides zusammen zu betrachten, ist ein entscheidender Schritt zur Verbesserung der Serviceangebote und der Serviceorientierung von Behörden, Einrichtungen und Unternehmen. Traditionelle Institutionen stehen immer vor der Herausforderung, sich in einem dynamischen Umfeld neu zu positionieren. Design-Thinking bietet sich als Lösung an, um eine umfassende Sicht zu ermöglichen.


Design Thinking ist ein Ansatz, innovative, effiziente und nutzerzentrierte Lösungen zu entwickeln. Die Vorgehensweise wurde von David Kelley, Gründer der Design- und Innovationsberatungsfirma IDEO, in Zusammenarbeit mit Professoren der Stanford University entwickelt. Technologieunternehmen wie Apple und Google nutzen Design Thinking zur Entwicklung neuer Produkte. Andere Unternehmen verbessern beispielsweise Kundenservice-Prozesse und gestalten effiziente interne Abläufe in Unternehmen.


Auch öffentliche Verwaltungen können die Design-Thinking-Methodik nutzen, um bürgerfreundlicher zu werden. Dann verfolgen sie den Weg dorthin gleichermaßen kreativ wie systematisch.


Die Outside-In-Methodik berücksichtigt die Bedürfnisse von Roland Schmidt und Elena Kauzmann


Was ist zu verstehen unter einem bürgernahen Service? Zunächst hilft Design Thinking dabei, sich in die Perspektiven, Bedürfnisse und Rollen der betroffenen Menschen hineinzuversetzen. In einem ersten Workshop könnten sogenannte Personas entwickelt werden; das sind fiktive, aber detaillierte Repräsentationen von Bürgerinnen und Bürgern. Ein Beispiel: Julia Virchow, 34 Jahre, berufstätige Mutter von zwei Kindern. In einem Workshop zur Verbesserung der Dienstleistungen des Bürgeramts könnte die Persona Julia dabei helfen, die Herausforderungen von berufstätigen Eltern zu verstehen, die häufig Dienstleistungen außerhalb regulärer Arbeitszeiten benötigen. Die Teilnehmer entwickeln Lösungen, beispielsweise flexible Öffnungszeiten oder ein verbessertes Online-Terminsystem, das es ermöglicht, Besuche effizient zu planen und Wartezeiten zu minimieren. Oder nehmen wir Roland Schmidt, 58 Jahre. Er pendelt täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Welche Anforderungen stellt er an die Verwaltung? Oder Elena Kauzmann, 27 Jahre, Studentin und Erstwählerin. Wie kann sie bei der Optimierung des Meldewesens bedacht werden?


In einem Design-Thinking-Projekt erfahren die Beteiligten viel über die Sichtweisen und Probleme der Bürger. Sie werden vor dem verwaltungsinternen Projekt ausführlich und strukturiert befragt. Wissen die Menschen, wann sie sich an wen wenden können? Wie erleben sie den Kontakt mit der Verwaltung? Was stört sie? Was wünschen sich die Beschäftigten?


Die Implementierung von Design Thinking in Verwaltungen erfordert oft kulturelle Anpassungen und die Entwicklung neuer Fähigkeiten bei den Mitarbeitenden. Workshops und Schulungen können hilfreich sein, um das notwendige Mindset und die erforderlichen Fähigkeiten zu vermitteln.


Projektmitarbeitende verstehen die Bedürfnisse der Nutzer, deshalb können sie sie tatsächlich lösen


In Team-Workshops und Nutzerinterviews lernen die Projektmitarbeitenden die Nöte der Beteiligten kennen und erarbeiten erste Prototypen neuer Prozesse. Das Ergebnis könnte beispielsweise eine intuitiv zu bedienende Online-Plattform sein, die interessierten Bürgern einen schnellen Zugriff auf Informationen und Dienstleistungen ermöglicht.


Veränderungen mit Design Thinking anzugehen, hat signifikante Vorteile für die Mitarbeitenden. Workshops, ein zentrales Element dieser Methode, fördern die kreative Zusammenarbeit, so dass die Teilnehmenden ein tiefes Verständnis für die Perspektiven der Betroffenen aufbauen. Immer wieder erleben Teilnehmende Aha-Momente, wenn sie die Sichtweise von Bürgern oder angrenzenden Abteilungen diskutieren und besser verstehen. Jeder lernt dabei fürs Leben und kann idealerweise sogar Stress abbauen. Diese Herangehensweise ermutigt Mitarbeitende, über den Tellerrand zu blicken und gemeinsam an innovativen Lösungen zu arbeiten. Die Beteiligten fühlen sich zugehörig und engagieren sich stärker für ihren Arbeitgeber und das Projekt. Zudem macht diese Form der Arbeit den meisten Menschen tatsächlich Spaß. Die Beteiligten erfahren eine neue Methodik der kreativen Projekt- und Teamarbeit. Das ist ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor bei solchen Aufgaben. Eine interdisziplinäre Gruppenarbeit und ein freier Austausch von Ideen schaffen ein Arbeitsumfeld, in dem sich jeder Einzelne wertgeschätzt fühlt.


Ausgangspunkt für eine tiefgreifende Transformation, die die Bürgerschaft und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt


Design Thinking stellt die Perspektive der Nutzer nach vorne und kombiniert dies mit einer strukturierten und zielorientierten Vorgehensweise. Beginnend mit einer gründlichen Analyse der aktuellen Bedürfnisse und Herausforderungen arbeiten Teams zusammen, die in der Lage sind, eigenständige und kreative Lösungen zu entwickeln und zu testen. Ein Schlüsselaspekt ist die Förderung einer Kultur der Offenheit, die Fehler als Chance zum Lernen begreift und kontinuierliche Besserungen anstrebt.


Kennen Sie das: Abteilungen, die an einem Thema arbeiten, betrachten die Welt aus ihrer eigenen Perspektive. In einem meiner  Projekte stellte sich  heraus, das Daten aus mehreren Quellen nicht zu konsistenten Datensätzen zusammengefasst worden waren. Keine der beteiligten Abteilungen betrachtete die Daten aus einer gemeinschaftlichen Perspektive. Effizientes Arbeiten deshalb verhindert. Zusätzlich vergaßen die Beteiligten in diesem Zusammenhang, die Anforderungen und Erwartungen der Kunden zu betrachten. Im Design-Thinking-Prozess führte diese Erkenntnis schnell zu nutzerzentrierten Lösungen. 


Letztlich sollte Design Thinking als mehr verstanden werden als nur eine Methodik – es ist der Ausgangspunkt für eine tiefgreifende Transformation hin zu einer Verwaltung, die die Bürger und ihre Bedürfnisse – also die verwaltungstragende Gesellschaft – in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen stellt. Durch die Anwendung von Design Thinking eröffnen sich Wege zu einer effizienteren, nutzerzentrierten und innovativen Verwaltung. Manchmal ermöglichen erst die richtigen Methoden die entscheidenden Erfolge.


Herzlich, Ihr


Thomas Stiegler


 
 
 

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